Faszination Weihrauch


Meine erste Begegnung mit Weihrauch hatte ich in der Kirche. Ich war
gebannt von dem Rauch, der aus dem Räucherkessel entwich und in dichten
nebeligen Schwaden zur Decke empor stieg. Doch leider, da häufig
überdosiert, wurde mir als Kind regelmäßig schlecht, wenn ich den
intensiven, leicht süßen, harzigen Duft einatmete. Später im Rahmen
meiner Ausbildung zur Heilpraktikerin entdeckte ich den Weihrauch neu,
als ätherisches Öl, mit dem ich in der richtigen Dosierung, den Raum um
mich herum sinnlich und balsamisch fluten konnte. In der Beschäftigung
mit der Ayurvedischen Medizin und der Chakra-Lehre entdeckte ich, dass
es der Weihrauch war, dem man zuschrieb, das sogenannte „Kronenchakra“ –
ein Energiezentrum im Bereich des Schädels – harmonisieren zu können,
um somit zu mehr „Erleuchtung, Spiritualität und Erkenntnis“
beizutragen. Und schließlich wusste ich, dass Weihrauch eines der
wertvollen drei Geschenke war, das die drei Weisen aus dem Morgenland
dem Jesuskind als Gabe mitbrachten – ebenbürtig Gold und Myrrhe.
Letztere, ebenso wie Weihrauch, traditionell seit Jahrtausenden in der
Volksmedizin eingesetzt. Kurzum ich gehöre zu jenen, auf die Weihrauch
eine besondere Art der Faszination ausübt.
Weihrauch in der Medizingeschichte
Die
Geschichte des Weihrauchs ist alt, während die wissenschaftliche
Erforschung des Weihrauchs eine recht junge Disziplin ist. Bemerkenswert
ist, dass Heilkundige der Geschichte, Weihrauch unabhängig von der
Epoche und ihrem kulturellem Hintergrund zu ähnlichen Heilzwecken in
ihrer therapeutischen Arbeit einsetzten. Es waren Gelehrte wie
Hippokrates und Celsus, die erkannten, dass Weihrauch sich wirksam zur
Linderung von Hautbeschwerden wie Brandwunden und Schuppenflechte
verwenden ließ und auch Dioskurides versuchte mit Weihrauch „bösartigen
Hautausschlägen“ den Garaus zu machen. Im Mittelalter waren es vor allem
die Heilige Hildegard von Bingen und Theophrast Bombast von Hohenheim,
alias Paracelsus, die Weihrauch zu Heilzwecken von Haut, Schleimhaut und
Nervensystem einsetzten. Was die Heilkundigen damals nicht wissen
konnten war, dass Haut und Nervensystem embryonalgeschichtlich aus dem
gleichen Keimblatt, dem sogenannten „Ektoderm“ entstehen und somit von
jeher in enger Wechselwirkung miteinander stehen.
Weihrauch und Meditation
Meditation (lat. meditatio = „das Nachdenken über“; auch in der Bedeutung „zur Mitte ausrichten“ von lat. medius = „die Mitte“)
Weihrauch
wirkt auf die Sinne und auf unser Nervensystem. Als flüchtiges
ätherisches Öl wird er gern in der Meditation und in der Praxis von
Achtsamkeitsübungen eingesetzt. Auf der psychischen Ebene wirkt der Duft
des Weihrauchöls klärend und konzentrationsfördernd. In zu hohen Dosen
vernebelt Weihrauch allerdings unseren Geist und kann zu Kopfschmerzen
und Übelkeit führen. Um Paracelsus zu zitieren: „Die Dosis macht das
Gift“.
Ungleich spannend aus komplementärmedizinischer Sicht ist,
dass Haut, Nervensystem und der „Geist des Weihrauchs“ in einem engen
Bezugssystem miteinander stehen.
Erscheinungsbild und Lebensraum des Weihrauchs
Obwohl
dem Weihrauchbaum ein großes Heilpotential innewohnt, kommt er in
seinem äußeren Erscheinungsbild nahezu unscheinbar daher. Er wächst wild
in wüstenartigen Gegenden, ist knorrig und spärlich belaubt und für
einen Baum, meist nicht besonders hoch, so dass er selten die acht
Meter-Grenze überschreitet. Von seinen Ästen aus, bildet der Weihrauch
Blütentrauben aus, die bis zu 25 Zentimeter lang werden. Besonders
Erkennungsmerkmal des Weihrauchbaums ist seine Rinde, die papierartig
vom Stamm abblättert und analog zur menschlichen Haut, an einen
schuppigen, trockenen Hautprozess erinnert.
Wüstengewächs Weihrauch
Weihrauchbäume
gehören in die Familie der Balsambaumgewächse (Burseraceae) zur Gattung
Boswellia, die in 25 Arten unterteilt ist. Die Bäume wachsen in
Trockengebieten des afrikanischen Horns (Somalia, Äthiopien, Eritrea,
Sudan), in Süd-Arabien (Oman, Jemen) sowie in Indien. Von den 25
verschiedenen Arten werden nur vier zu medizinischen Zwecken genutzt:
Boswellia sacra bzw. carterii sowie Boswellia papyrifera und beim
indischen Weihrauch Boswellia serrata.
Medizinisch wertvoll – Weihrauchharz
Die
für medizinische Zwecke wertvollen Harze werden mithilfe eines
speziellen Werkzeuges, dem „Mengaff“, vom Weihrauchbaum gewonnen. Nach
dem Anritzen der Rinde, tritt das Harz aus der Rinde des Baums aus und
trocknet an der Luft ab.
Indischer Weihrauch besteht aus
durchscheinenden gelblich bis rötlich braun gefärbten, rundlichen oder
unregelmäßig geformten Körnern oder Stückchen, die eine unterschiedliche
Größe bis zu drei Zentimeter haben.
Weihrauchharz
In
Deutschland findet ausschließlich das Harz aus aus Boswellia serrata
(indischer Weihrauch) für arzneiliche und damit therapeutische Zwecke
Verwendung. Es ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) monographiert
und wird auf Identität, Gehalt und Reinheit geprüft.
Außerdem
gibt es auch eine Reihe von Nahrungsergänzungsmittelherstellern, die den
afrikanischen Weihrauch für die Herstellung von Kapseln benutzen,
dieser ist jedoch nicht in Deutschland monographiert.
Was macht den Weihrauch für die Haut so besonders?
Es
sind die Inhaltsstoffe des Weihrauchs (= Boswellia), die für entzündete
Haut eine besondere Bedeutung haben, insbesondere die sogennanten
„Boswelliasäuren“, die nur im Weihrauchharz vorkommen. Dennoch sind es
nicht die Boswelliasäuren allein, die eine medizinische Wirksamkeit
entfalten, Weihrauch gilt immer als „Vielstoffgeschmisch“. Das heißt,
die Gesamtheit, der im Harz enthaltenen Substanzen potenziert das
Wirkspektrum der einzelnen Inhaltsstoffe, vergleichbar mit verschiedenen
Tönen, die gemeinsam gespielt eine harmonische Melodie ergeben. Welche
Töne dabei welche Rolle spielen, damit befasst sich gerade die moderne
Weihrauchforschung.
Was können die Boswelliasäuren?
Boswelliasäuren
hemmen Entzündungsprozesse in der Haut! Damit stellt Weihrauch eine
wirkungsvolle Behandlungsalternative zu Cortison dar. Das Spektrum der
Nebenwirkungen, des in der Regel gut verträglichen Weihrauchs, ist im
Vergleich zu synthetischen Cortison nahezu verschwindet gering.
Mögliche Nebenwirkungen von Weihrauch
In Einzelfällen:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Hautausschläge
- Übermäßige Produktion von Magensäure
- Appetitlosigkeit
- Lokal: Brennen auf der Haut
Mögliche Nebenwirkungen von Cortison
- Ausbildung eines Cushing-Syndroms (Vollmondgesicht, Stammgfettsucht, Gesichtsröte)
- Gewichtszunahme
- Erhöhte Blutzuckerwerte
- Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
- Erhöhung der Blutfettwerte
- Gewebswassersucht
- Dehnungsstreifen der Haut
- Dünnerwerden der Haut
- Erweiterung der Hautgefäße
- Neigung zu Blutergüssen
- Vermehrte Körperbehaarung
- Akne
- Verzögerte Wundheilung
- Muskelschwäche
- Muskelschwund
- Osteoporose (Knochenschwund)
- Depression
- Gereiztheit
- Appetitsteigerung
- Psychosen
- Magen-Darm-Geschwüre
- Hypertonie (Bluthochdruck)
- Linsentrübung (Katarakt)
- ...
(Liste nicht abschließend)
Einsatzgebiete des Arznei-Weihrauch (Boswellia serrata)
In
meiner Praxis wende ich das Extrakt des indischen Weihrauchs derzeit
bei schweren entzündlichen Hauterkrankungen und chronischen
Magen-Darm-Geschwüren an. Dieses kommt in Kapseln zum Einsatz (dreimal
täglich zwei Kapseln) und wird unzerkaut direkt vor dem Essen mit etwas
Wasser eingenommen. Meine Erfahrungen und das Feedback der Patienten
sind bisher grundweg positiv.
Studien belegen u.a. die
Wirksamkeit von Boswellia serrata bei: Ekzemen, Allergien, Asthma,
Urtikaria (Nesselsucht), Neurodermitis, Psoriasis (Schuppenflechte),
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (Morbus Crohn und Colitis
ulserosa) und rheumatisch-entzündlichen Beschwerden mit Schmerzen.
Anwendung von Weihrauch direkt auf der Haut
Weihrauch
kann bei Ekzemen und Entzündung sowohl innerlich als auch äußerlich
angwendet werden. Bei großflächigen Entzündungen ziehe ich die
systemische Anwendung vor, da ein Brennen auf der Haut nach Auftragen
von Weihrauchprodukten auf offener, heißer und entzündeter Haut häufiger
auftritt.
Ist die Haut geschlossen können Weihrauch-Cremes und
-salben gut zur therapeutischen Hautpflege eingesetzt werden, hierfür
stehen verschiedene Fertiglotionen und -cremes frei verkäuflich zur
Verfügung. Da aber jede Haut einzigartig ist und anders reagiert, möchte
ich Ihnen empfehlen sich gegebenenfalls eine Individualrezeptur
anfertigen und in einer auf Weihrauch spezialisierten Apotheke beraten
zu lassen.
Weihrauchrezeptur A nach Kohn
Weihrauchextrakt 5.0 g
Vitamin E-Acetat 5.0 g
Dexpanthenol 5.0 g
Nachtkerzenöl 5.0 g
Eucerin cum aqua ad 100.0 g
Reichhaltige und fettende Creme, zum Beispiel bei Neurodermitis, wenn Sie Wollwachsgrundlagen vertragen.
Weihrauchrezeptur B nach Kohn
Gleiche
Rezeptur wie A. Als Grundlage wird jedoch statt Eucerin Cum Aqua
Basissalbe DAC verwendet. Diese enthält keine Wollwachsalkohole und
eignet sich auch für weniger trockene Hauttypen.
Individualrezepturen stellt z.B. die Weihrauch-Apotheke in Bisingen
http://www.weihrauch-apotheke.de/
her. Wenn Sie Mitglied in einer Selbsthilfegruppe sind oder regelmäßig
einen Info-Treff-Haut besuchen bietet die Apotheke besondere Konditionen
(Tarife und Rabatte) an.
Weihrauch ist nicht gleich Weihrauch
Das
Angebot ist groß und für den medizinischen Laien schier unüberschaubar.
Die Suche in der bekanntesten Suchmaschine wirft bei der Eingabe des
Stichworts: „Weihrauch-Kapseln“ 124.000 Ergebnisse in 0,41 Sekunden aus.
Nicht jeder Anbieter ist seriös und nicht jedes Weihrauchpräparat ist
auch tatsächlich therapeutisch geeignet. Mein Tipp: Wenden Sie sich bei
Fragen an Ihren Heilpraktiker, Arzt oder Apotheker.
Autorin:
Sonja
Kohn, Heilpraktikerin, Freie Redakteurin mit eigener Radiosendung
„Psyche kompakt – Hannovers Radiomagazin für Psychotherapie und
psychosomatische Gesundheit“, Mitglied der AG Haut, Dozentin an den
Paracelsus- Heilpraktiker-Schulen.
Kontakt: www.naturheilpraxis-kohn.de
Die
Ratschläge in diesem Beitrag sind von der Autorin sorgfältig erwogen
und geprüft, dennoch können wir eine Garantie nicht übernehmen. Eine
Haftung der Autorin bzw. des Verlages für Personen-, Sach- und
Vermögensschäden ist ausgeschlossen.